Das neue Album von Thees Uhlmann kommt nicht auf leisen Sohlen, auch wenn es lange still war um ihn. Fünf Jahre nicht gesungen, so heißt nicht nur der Opener des Albums, das ist auch, was der Platte mit dem Titel Junkies und Scientologen vorausgegangen ist. Aber nicht aufgrund von fehlender Inspiration oder Drama. Einfach, weil es diese Zeit gebraucht hat. Weil es ein anderes Album gegeben hat, das aber verworfen wurde. Weil sich Dinge nicht richtig angefühlt haben und er so lange gewartet und gearbeitet hat, bis es wieder okay war. Genau so, rotzfrech, alles hinterfragend und trotzdem sehr entspannt erzählt der Musiker davon.
Mir ist kalt, ich habe Durst und will nach Hause, wo auch immer das ist.
Das ist, was ihn auszeichnet: Wenn seine Musik eine Person wäre, wäre es diejenige, die in eine Bar stolpert, ein Bier bestellt, mit wachem Blick schnell die am meisten an Selbstüberschätzung leidende Person im Raum erkennt und sofort einen Streit mit ihr beginnt. Schnelles K.O. durch schlaue Worte, ein kleines, zufriedenes Grinsen und der erste Schluck Bier. So wie Thees wirkt, ist auch seine Musik: Offen, aber radikal, aufmerksam und detailverliebt und immer ein bisschen rotzig. Auf eine Art, die grade in der glattgebügelten Musikwelt selten zu finden ist. Wie das passiert, fasst der Titel des Tracks „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach Hiphop Videodrehs nach Hause fährt“. Witzig, mit den Blick fürs Detail, kritisch und doch erzählt er eigentlich nur eine kleine Geschichte.
Gänsehaut bescherte mir „Danke für die Angst“. Ich starre seit zehn Minuten auf diesen Satz und versuche zu formulieren, was dieser Song mit mir macht. Ich schaffe es nicht. Es tut ein bisschen weh, aber auf die gute Art. Ich fühle mich ein bisschen verstanden, aber nicht auf die bevormundende Art. Ich glaube, hier kann ich nur Danke sagen.
Zwölf Songs, zwölf mal Texte vom feinsten, zwölf Mal kein überambitioniertes, angestrengtes Musikkleid, sondern handgemachte, durchdachte Arrangements, die manchmal zum tanzen, manchmal zum liegen und in die Luft starren und immer zum mitdenken anregen. Zwölf mal „das hat sich gelohnt“. Morgen, am 20. September erscheint Junkies und Scientologen – ich schnüre schon mal die Turnschuhe, ich muss dann nämlich wild tanzen.
Dass mich ein Album sprachlos zurückgelassen hat, ist mir lange nicht passiert. Vermutlich sollte man mir auf die Schulter klopfen, mich wachrütteln und logisch erklären lassen, was so großartig ist an diesem Album. Aber wisst Ihr was? Ich gehe lieber auf die Reeperbahn, höre mir das Ganze live an und feiere die Geburt eines meiner neuen Alben für die Ewigkeit. Prost!