Jupiter Jones – eine Band die aus der deutschsprachigen Musik kaum noch wegzudenken ist. Seit 12 Jahren sind sie zusammen unterwegs und machen Rock-Pop vom allerfeinsten. Sie erhielten mehrfach Auszeichnungen, unter anderem den Echo, und „Still“ war 2011 das meistgespielte deutschsprachige Lied bei deutschen Radiosendern. Doch dann der Schock im Mai diesen Jahres: Sänger Nicholas Müller verlässt die Band nach 12 Jahren. Aufgrund einer Angststörung sah er sich nicht mehr in der Lage weiter mit der Band zu arbeiten. In diesem Moment ist vielen Fans das Herz in die Hose gerutscht. Der Sänger hat einen großen Anteil am Wiedererkennungswert einer Band, wie soll es ohne Sänger weitergehen? Doch die Jungs von Jupiter Jones haben sich nicht unterkriegen lassen und in ihrem Bekanntenkreis nach geeignetem Ersatz gesucht – und sind fündig geworden. Mit ihrem neuen Sänger Sven planen sie nun die Zukunft und lasen sich den Festivalsommer nicht entgehen. Sie rocken ein Festival nach dem anderen – die neue Besetzung scheint sich zu etablieren. Platz 2 beim Bundesvision Song Contest bestätigt diesen Eindruck. Ich habe sie getroffen und mit ihnen über den Sängerwechsel, ihre zukünftigen Pläne und ungewöhnliche Outfits auf der Bühne gesprochen.
Als ich auf den Backstagebereich zugehe rennt mich Sascha fast um, er sieht aus als ob er noch etwas sehr dringendes zu erledigen hat. Na gut. Dann findet das Interview eben mit Hont, Schlagzeug, Andreas, Bass, und dem neuen Sänger, Sven, statt. Wir setzen uns hin und warten auf die Jungs, die dann zu zweit hereinkommen, sich vorstellen und direkt die grundlegenden Dinge klären: „Wo ist meine Essenskarte? Mist, ich verliere so nen Kram immer! Wo hast du deine denn hingesteckt?“ (Anmerkung: Absolut nachvollziehbar, ich habe meine auch verloren.) „Sven schläft übrigens noch…“ und „Hast du einen Schuss Whisky in die Cola gemacht?“. Dann kann es losgehen.
dk: Habt ihr daran gedacht die Band aufzugeben als Nicholas sich entschieden hat auszusteigen?
Andreas: Zumindest nicht länger als 10 Sekunden. Natürlich ist das erstmal ein Schlag ins Gesicht, wenn der Sänger die Band verlässt, das ist schon was anderes als der Bassist oder der Schlagzeuger. Aber komischerweise war das gleichzeitig auch wie ein Befreiungsschlag. Marco und Sascha kamen direkt unabhängig voneinander auf den gleichen Namen. Da haben wir uns gedacht dass das ein Zeichen ist, dann muss man das auch nutzen.
Natürlich ist das erstmal ein Schlag ins Gesicht, wenn der Sänger die Band verlässt, das ist schon was anderes als der Bassist oder der Schlagzeuger. Aber komischerweise war das gleichzeitig auch wie ein Befreiungsschlag.
dk: Wie wichtig war es als neuen Sänger jemanden zu finden der Erfahrung im Studio und auf der Bühne hat?
Hont: Das war immens wichtig. Das war die Bedingung dass wir mit der Band weitermachen, da gab es genaue Vorstellungen wer es sein könnte, ohne schon direkt auf Sven gekommen zu sein. Aber es musste jemand aus unserem Bekanntenkreis sein. Wir hätten kein Sängercasting gestartet, wir wollten das Ganze nicht künstlich am Leben erhalten damit der Mechanismus Jupiter Jones funktioniert. Wir haben gesagt wenn wir weitermachen, dann nur so. Es musste schon jemand sein der weiß was auf ihn zukommt. Wir haben mit Sven für uns den berühmten Sechser im Lotto gefunden – obwohl Sven ja zuerst nee gesagt hatte. Aber als wir dann die ersten Male im Proberaum waren, das hat sich wirklich gut angefühlt. Ich glaube, nichts passiert ohne Zufall, und auch das ist nicht ohne Zufall passiert. Das ist immer so im Leben, wenn eine Tür zu geht kann man durch neue Türen gehen und neue Wege bestreiten. Wir haben auch nicht das Gefühl dass wir schon alles gesagt haben mit der Band. Wir haben immer noch so viele Ideen und Visionen, da können wir jetzt weitermachen.
dk: Was ist es für ein Gefühl einen alten Song das erste Mal mit neuem Sänger zu proben oder damit auf der Bühne zu stehen?
Andreas: Ich weiß nicht wie es bei den Anderen war, aber ich habe beim ersten Mal proben die Erwartung gehabt dass sich das verdammt komisch anfühlen wird – war aber dann komischerweise nicht so. Es hat sich nach den ersten zwei Liedern direkt sehr vertraut angefühlt und auch überhaupt nicht ungewohnt und einfach gut. Das hat neue Energie in den Proberaum gebracht, die wir schon lange nicht mehr hatten. Deswegen hat diese Umstellung bei mir nicht so lange gedauert. Ich weiß nicht wie das bei den Fans so ist, aber die ersten Eindrücke die wir mitbekommen haben, da war das glaube ich ähnlich. Die großen Fans sind mit großer Angst zum ersten Konzert gegangen, es ist schwierig sich auf was Neues einzulassen. Aber ich glaube das ist für sie genauso wie für mich, dass sich das sehr schnell sehr vertraut angefühlt hat.
dk: Wird sich die Richtung, der Stil eurer Musik jetzt ändern weil ihr mit einer veränderten Besetzung arbeitet?
Hont: Ich würde sagen nein. Das war auch ein Punkt warum wir weitermachen wollten. Bei uns gibt es keinen musikalischen Alleinherrscher, eine Person die die Fäden in der Hand hält. Sascha ist schon seit längerem der Hauptsongwriter, also der, der mit Abstand mit den meisten Ideen im Proberaum ankommt. Von da her war klar dass sich der Stil nicht ändern wird. Ich glaube dass Jupiter Jones sich immer ein Stück weit verändert hat, von Album zu Album. Wir werden weiterhin Musik aus dem Bauch raus machen und ich bin fest davon überzeugt dass es sich weiterhin nach Jupiter Jones anhört. So ist auch das Feedback, das wir zu dem ersten Song bekommen haben den wir zusammen geschrieben haben. Da haben die Leute gesagt dass das Jupiter Jones ist. Das ist ein schönes Zeichen, dass man die Leute nicht vor den Kopf stößt und auf einmal eine 360 Grad Drehung macht. Dazu gibt es ja auch keinen Grund. Es gab nichts in der Vergangenheit was scheiße war.
Andreas: Wenn wir vorhätten unseren Stil zu ändern dann könnten wir dem Kind ja auch einen anderen Namen geben. Dann hätten wir es nicht unter Jupiter Jones weiterlaufen lassen. Warum wir das aber machen ist weil wir Lust auf die Art von Musik haben, und wie Hont eben schon gesagt hat, weil wir noch nicht alles gesagt haben damit.
dk: Wie ist die Stimmung bei euch im Studio? Seid ihr locker und entspannt und wisst wann man sich lieber in Ruhe lässt oder fliegen nach so vielen Jahren immer noch die Fetzen?
Andreas und Hont (gleichzeitig): Wissen wir eigentlich. / Haben wir gelernt. (lachen)
Hont: Das ist glaube ich auch ein ganz wichtiger Faktor warum die Band so gut funktioniert. Mittlerweile hat man ein Gespür dafür wann man einem anderen auf den Sack geht, oder wann einer auch mal Zeit für sich braucht. Da entwickelt man schon relativ feine Antennen für.
dk: Welche Atmosphäre mögt ihr lieber; Riesen Festival oder kleines Akustikset?
(lachen) Andreas: Oft gestellte Frage. Aber nee, anders gestellt als sonst. Sonst ist die Frage „Großes Festival oder kleine Clubshow“. Dieses Mal kleines Akustikset, das ist noch mal was anderes. Also ist beides auf eine andere Art geil. Bei einem großen Festival weiß man nie was auf einen zukommt, die Leute sind nicht nur wegen einem selber da. Wenn wir ein eigenes Akustikkonzert veranstalten weiß man schon dass da viele die Band schon mal gehört oder gesehen haben. Deswegen ist es beim Festival immer spannend ob man die Leute begeistern kann, da stehen immer riesen Massen vor der Bühne.
Hont: Naja… (schaut nach draußen, der Himmel ist quasi schwarz) Wobei bei dem Wetter heute… (lacht)
Andreas: Die kommen trotzdem. Und bei so einer kleineren Show hat man eine familiäre Atmosphäre, als ob man zu Hause mit einem Glas Rotwein vor dem Kamin ein Liedchen spielen würde.
dk: Beste Location zum Musik schreiben?
Andreas: Zurückgezogen.
Wir sind nicht so gepolt dass wir uns in großen Menschenmassen wohlfühlen.
Hont: Ja, würde ich auch sagen. Wir sind alle nicht so gepolt dass wir uns in großen Menschenmassen wohlfühlen. Songwriting ist bei uns eine sehr intime Sache, die in den eigenen 4 Wänden, sprich Proberaum oder zu Hause, stattfindet. Wir haben es noch nie geschafft auf Tour Songs zu schreiben, oder in einem bewegten Umfeld – das funktioniert einfach nicht. Wir schotten uns ab, machen die Türen zu und sind für uns. Dann haben wir das Gefühl uns fallen lassen zu können.
dk: Das peinlichste Bühnenerlebnis?
Andreas: (lacht) Ich glaub da haben wir beide das gleiche. Weil wir jeweils eine Wette verloren haben und nur mit einem Tütü bekleidet über die Bühne tanzen mussten.
Hont: (grinst) Mir war das nicht peinlich.
Andreas: Ja das war mir klar. (lacht)
Hont (zu seinem Manager): Thorsten, fällt dir noch ein peinliches Erlebnis ein? (grinst) Wobei dir ist wahrscheinlich jeder Tag mit uns peinlich.
Thorsten: Mir ist das generell sehr peinlich, da hast du Recht.
dk: Wenn dir das nicht peinlich war besorgen wir dir doch schnell so ein Ding und du trittst heute Abend damit auf.
Hont: Aaaah neeneenee, dann musst du aber auch nen Einsatz bringen.
Andreas: Das muss schon ne Wette sein!
(lachen) Hont: Die Einsätze sind relativ hoch bei uns… (grinst)
An der Stelle habe ich das Gespräch aus Selbstschutz lieber beendet. Einige Stunden später hat die Band die Mainstage gerockt, und ich kann nur bestätigen was Andreas im Gefühl hatte: Die Fans lieben die Band mindestens genauso heiß und innig wie vorher und auch die Chemie auf der Bühne scheint eindeutig zu stimmen. Wir freuen uns auf neue Projekte mit neuer Besetzung!
Foto: Sven Sindt
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