Wer weder Radio noch viel deutsche Musik hört hat ihn vielleicht bis zum letzten Jahr verpasst. Aber spätestens seit er den Bundesvision Song Contest 2013 gewonnen hat ist Bosse in Deutschland wohl Jedem ein Begriff. Sein Gold-Album „Kraniche“ verkaufte sich mehr al 100.000 Mal, und am 18. Juli kam sein erstes Livealbum „Kraniche – live in Hamburg“ mit dazugehöriger DVD. Wir haben uns das Album angehört und mit Achsel „Aki“ Bosse über das neue Album, Ibiza-Idioten, Bärte, Existenzpanik und betrunkene Stürze auf der Bühne gesprochen. Außerdem hat er uns verraten warum er gerne in Städten die auf -burg enden spielt und warum er manchmal Fans anspuckt.
dk: Was war der Auslöser für deinen Wunsch Musiker zu werden? Du scheinst das ja relativ früh gewusst zu haben, der erste Plattenvertrag kam mit 17.
Aki: Das war eine Mischung daraus dass ich wirklich super früh Konzerte geguckt habe; ich habe einen älteren Bruder der ziemlich aktiver Musiker war, durch den bin ich dazu gekommen dass ich viel auf Konzerten rumgehangen habe und das ziemlich cool fand. Und dann habe ich irgendwann selber angefangen Musik zu machen. Ich glaube der Moment in dem ich das wirklich gewusst habe war als ich meine erste Band hatte und wir das erste richtige gemeinsame musikalische Erlebnis hatten. Das ist der Moment in dem man als Kind merkt dass das gut sein kann wenn man mit anderen Leuten zusammen irgendwas macht. Seitdem ist das mein Traum.
dk: Wenn man mit 17 einen Plattenvertrag bekommt. Hebt man da erst mal ab oder ist einem da schon bewusst dass das erst der Anfang ist und dass da noch ganz viel Arbeit auf einen zukommt?
Ich dachte alles klar, jetzt haben wir es geschafft. Da hat keiner dran gedacht dass das Ganze scheitern kann, oder dass das mehr ist als nur Party.
Aki: Mit 17 war mir das überhaupt nicht bewusst. Ich dachte alles klar, jetzt haben wir es geschafft. Wir sind dann erstmal nach Berlin gefahren und haben da den Plattenvertrag unterschrieben im Sony Center. Das war alles so riesig und überwältigend. Da hat keiner dran gedacht dass das Ganze scheitern kann oder dass das mehr ist als nur Party, wir waren da ziemlich entspannt. Wir haben für 7 Songs einen Plattenvertrag bekommen und die haben echt mit uns gemacht worauf sie Lust hatten. Wir haben dann ziemlich schnell gemerkt dass das nicht das richtige ist, und dann war es auch schnell wieder vorbei. Aber in ersten Moment haben wir uns tierisch gefreut.
dk: Es lief ja nicht immer so gut. Du hast viele Nebenjobs gemacht… Pools geputzt und Straßen geteert. Welcher Job hat dir am besten gefallen?
Aki: Der schönste Job war glaube ich schon das Pool putzen. Das war auf Ibiza und in Valencia… morgens früh aufstehen, bei den kaputten DJs in die Villen fahren, Chlortabletten in den Pool schmeißen und ab und zu mal jemanden rausfischen und dann war auch schon wieder Feierabend.
dk: Wenn das mit der Musik nicht geklappt hätte. Würdest du immer noch Pools putzen?
Aki: Der Typ mit dem ich das damals angefangen habe der ist natürlich drangeblieben und hat mittlerweile eine ziemlich gut laufende Immobilienvermittlung auf Ibiza, was ja schon ne ganz andere Nummer ist. Wahrscheinlich hätte ich das weiter mitgemacht und wäre jetzt so ein (lacht) Ibiza-Idiot geworden (lacht). Aber… Nein glaube ich nicht. Ich weiß nicht was ich gemacht hätte. Ich glaube ich wäre Koch geworden oder hätte doch noch mal studiert und wäre Lehrer geworden.
dk: Gab es da auch Momente in denen du an der Musik gezweifelt hast?
Aki: Ich war mir immer sicher, es gab einen Knackpunkt, das war als meine Tochter geboren wurde und auf den Tag genau meinen Plattenvertrag verloren ging. Das einzige Geld was ich damals verdient habe wäre die Ausschüttung gewesen. Da hatte ich kurz eine Existenzpanik als frischer Vater, aber die ging eine Nacht und dann habe ich einfach weiter gemacht.
dk: Was ist es für ein Gefühl wenn man früher vor 12 Leuten in einer 2.000er Halle gespielt hat, und heute geht man raus und da steht ein volles Haus mit 7.000 Leuten?
Aki: Es ist was ganz ganz schönes. Das ist bei uns immer noch so. Auch wenn die meisten in meiner Band schon auf die 40 zugehen oder 40 sind und wir auch alle ganz viele Kinder haben und… (lacht) auch Bärte und so – ist das für uns immer noch was sehr besonderes. Wir freuen uns immer noch wie die Schuljungs bevor es auf die Bühne geht, weil das immer überwältigend und toll ist. Egal wo wir spielen, es ist immer gut. Wir wissen das sehr zu schätzen weil es früher nicht so war. Man hat auch eine ganz andere Vorfreude auf die Tour wenn man weiß dass das Ganze ausverkauft ist und sich da Leute im Vorfeld drauf freuen. Das ist eine Art Sicherheit, wenn man das im Musikbereich so sagen darf.
dk: Gibt es einen Moment auf der Bühne von dem du sagen würdest „Das war der beste Bühnenmoment meines Lebens“?
Aki: Wir haben zum Beispiel mal in Neubrandenburg gespielt. Ich mach das öfter mal dass ich in kleineren Städten spiele, meistens Städte auf –burg (lacht). Man spielt dann da, und da spielt sonst wirklich keiner. Mein schönstes Erlebnis hatte ich in Neubrandenburg, da sind wir hingefahren, hatten das zwar angekündigt aber gar nicht so riesig, das war der letzte Teil einer Herbsttour vor 3 Jahren oder so. Und das war so ein wunderschönes Konzert, weil sich die Leute so gefreut haben dass überhaupt mal jemand nach Neubrandenburg kommt. Ich glaube das war bis jetzt unser schönster Abend weil keiner davon ausging dass es so eine Feier wird wie wir es sonst in Berlin, Hamburg oder sonst wo haben.
dk: Und was war das schlimmste Bühnenerlebnis?
Ich bin gesprungen und die Basedrum ist hinter mir her geflogen. Dann bin ich auf der Gitarre aufgekommen, mit dem Gesicht auf der Bühne, und auf mir drauf mit verdrehtem Fuß die Basedrum.
Aki: Ich glaube das schlimmste, peinlichste Bühnenerlebnis, da war ich noch ziemlich jung und immer einigermaßen betrunken auf der Bühne. – Wie alle eigentlich (lacht). Da haben wir mal in Attendorn gespielt vor super wenig Leuten. Ich bin dann einigermaßen pathetisch schon im zweiten Song auf die Basedrum gestiegen mit Gitarre, und bin von da oben runtergesprungen. Egal wo wir gespielt haben. Das habe ich immer so gemacht. An dem Tag hatte sich meine Hose aufgeribbelt und hatte sich durch eine Schraube durchgezogen an der Basedrum. Ich bin gesprungen und die Basedrum ist hinter mir her geflogen. Dann bin ich auf der Gitarre aufgekommen, mit dem Gesicht auf der Bühne, und auf mir drauf mit verdrehtem Fuß die Basedrum. Ich hatte dann so eine Art Bandscheibenvorfall und wir mussten das Konzert abbrechen, was so peinlich war weil ich das beim zweiten Song gemacht hab, und das einfach so bescheuert war. Naja. (lacht) Das war so mein Unangenehmstes. Und sonst war es früher so, weil ich auch sehr viel schwitze und viel tanze, dass ich Leute oft nass gemacht habe oder aus Versehen angespuckt habe. Das ist ja nicht Peinliches, aber schon unangenehm. Ich hab mal ein Mädchen in der ersten Reihe so angespuckt, da hatte ich aber auch grade Husten, die hatte wirklich ein Stück Husten von mir an ihrem T-Shirt kleben. Da waren auch so wenig Leute da, und da habe ich abgebrochen und hab das sauber gemacht und ihr ein neues T-Shirt geschenkt (lacht). Ganz ekelig.
dk: Apropos Live. Du bringst am 18. Juli ein Livealbum „Kraniche Live in Hamburg“ raus. Ist das anders als ein Studioalbum, hat man dabei ein anderes Gefühl?
Als ich von der Bühne kann wusste ich dass es das ist.
Aki: Ich wollte immer schon ein Livealbum rausbringen. Am Anfang waren zu wenig Leute da, das wäre sinnlos gewesen, das hätte auch keiner gekauft wenn keiner aufs Konzert kommt. Auf der anderen Seite, ich nehme jetzt schon seit 5 Jahren einige Konzerte audiomäßig auf, mit Pult und Drum und Dran. Ich finde das gut für mein eigenes Archiv und habe eigentlich immer darauf gewartet bis der magische Abend kommt. Der gute Abend, an dem man auf der Bühne steht und danach weiß „Ohne Einschränkung war das gut“. In Hamburg haben wir das auch gemacht und noch ein paar mehr Kameras aufgebaut als wir das sonst gemacht haben. Das lag aber nur daran dass das das bis jetzt größte Konzert war und weil so viele Gäste dort waren. Als ich von der Bühne kann wusste ich dass es das ist. Das war der Moment, da waren so viele tolle Sachen dabei, das können wir in einem durchlaufen lassen. Das ist das Besondere. Ein Studioalbum ist gestückelt, ganz viele Livealben sind auch gestückelt aber das ist ein Abend der echt gut eingefangen ist und deswegen ist das ein super Gefühl.
dk: Welche Reaktionen würdest du dir auf das Album wünschen?
Aki: Ich würde mir wünschen dass die Leute an die Konzerte erinnert werden und dass alle die noch nicht da waren das Gefühl haben dass sie auf eine Art und Weise Teil des Ganzen sind. Wenn man sich die DVD anschaut und das Gefühl hat dass man mit dabei ist, und dass man das fühlen kann was die Menschen im Publikum und auf der Bühne fühlen, das wäre das beste Kompliment.
Dafür haben sich diese 15 Jahre Arbeit extrem gelohnt, eigentlich nur für heute Abend. Das ist extrem großes Kino. Danke!
Genau dieses Kompliment können wir machen. Am besten hört man das Album mit Kopfhörern und geschlossenen Augen. Die Konzertatmosphäre springt schnell über und man kann ganz eintauchen in die musikalische Welt von Bosse. Musikalisch nahezu perfekt präsentiert Aki eine bunte Mischung seiner Tracks. Von bekannten Liedern wie „Kraniche“ und „Schönste Zeit“ bis zur neuen Single „Vier Leben“ ist alles dabei, und man möchte sich dem tosenden Applaus des Hamburger Publikums nur noch anschließen. Akis Kommentar während des Konzertes ist ein wunderbares Fazit für ein grandioses berührendes Livealbum: „Dafür haben sich diese 15 Jahre Arbeit extrem gelohnt, eigentlich nur für heute Abend. Das ist extrem großes Kino. Danke!“
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